Munich Startup: Was hat Dich zur Gründung motiviert?
Ulrike Jehle: Unser Planungsinstrument Goat ist im Rahmen mehrerer wissenschaftlicher Projekte entstanden und gewachsen. Beim Testen der Software mit verschiedenen Kommunen und Consultants haben wir so gutes Feedback bekommen, dass wir uns dazu entschieden haben, das Tool im Rahmen einer Ausgründung von der Wissenschaft in die Praxis zu bringen. Ich wollte schon immer einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Gestaltung unserer Städte leisten – das kann ich mit Goat nun umsetzen.
Munich Startup: Was hättest du gerne vor Deiner ersten Gründung gewusst?
Ulrike Jehle: Die vielfältigen Aufgaben, die auf einen zukommen. Dadurch wird jeder im Team zwangsweise zum Allrounder. Während ich früher vor allem inhaltlich in Projekten gearbeitet habe, bin ich heute für eine Bandbreite an verschiedenen Bereichen und insbesondere das operative Management verantwortlich.
Stadt Freiburg als erster großer Kunde
Munich Startup: Wie ist Dein Unternehmen bislang finanziert?
Ulrike Jehle: Durch Bootstrapping, öffentliche Fördergelder und erste Kunden. Unser größtes Projekt derzeit ist das Förderprojekt „Goat 3.0“, dass durch die Innovationsförderung mFUND des Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) über 3 Jahre bezuschusst wird. Zusammen mit bekannten Partnern wie der TUM, dem MVV, dem Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden und der Prof. Schaller UmweltConsult GmbH erarbeiten wir in einem ko-kreativen Entwicklungsprozess mit verschiedenen Kommunen, Landkreisen und Regionen in Deutschland zahlreiche neue Goat-Funktionen.
Besonders stolz sind wir außerdem auf unseren ersten großen Kunden, die Stadt Freiburg, mit der wir kürzlich (noch vor Marktlauch) den Vertrag unterzeichnet haben.
Munich Startup: Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?
Ulrike Jehle: Am kreativsten bin ich, wenn ich in Bewegung bin. Oft fällt mir zum Beispiel beim Radfahren, entweder auf dem Weg in die Arbeit oder nach Hause, eine neue Idee ein. Da passt es natürlich gut, dass wir uns bei Goat auch besonders mit der Infrastruktur für aktive Mobilität beschäftigen.
Munich Startup: Was sind Deine 3 liebsten Arbeitstools?
Ulrike Jehle: Ich liebe alle Tools, die digital kollaboratives Arbeiten ermöglichen. Am häufigsten in Nutzung ist MS Teams, um mich mit anderen auszutauschen, die anstehenden Aufgaben zu organisieren und gemeinsam an Dokumenten zu arbeiten. In unserer Software-Entwicklung ist GitHub das Pendant hierzu. Als drittes Tool würde ich QGIS nennen, eine sehr hilfreiche Open Source Software, die wir nutzen, um räumliche Daten zu analysieren.
Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema “Pitchen”?
Ulrike Jehle: Üben, üben, üben.
Aus Überzeugung Mobilität nachhaltig verbessern
Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?
Ulrike Jehle: Auf jeden Fall! Erstens kann man durch Corona eh nicht viel anderes machen und zweitens gibt es gerade einen enormen Wandel in der Politik hin zu mehr Innovation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Dementsprechend viele Förderprogramme, Netzwerke und Möglichkeiten existieren für GründerInnen in diesem Feld.
Munich Startup: Auf welche Technologie oder Branche würdest Du bei Deiner nächsten Gründung setzen?
Ulrike Jehle: Über eine „nächste“ Gründung habe ich ehrlichgesagt noch nicht nachgedacht. Falls ich das aktuelle Startup aufgeben und etwas Neues starten müsste, würde ich aber vermutlich etwas in der gleichen Richtung anstreben – aus Überzeugung und Leidenschaft, die Mobilität nachhaltig zu verbessern. Bezüglich der Technologie würde ich auf jeden Fall weiterhin auf smarte, digitale Lösungen setzen! Nur so können wir faktenbasierte Entscheidungen und einen systemischen Wandel hin zu nachhaltigen Städten ermöglichen.
Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Gründungsstandort München noch verbessert werden?
Ulrike Jehle: Ich finde es super, was durch die Landeshauptstadt München und öffentliche Netzwerke wie Baystartup bereits auf die Beine gestellt wurde! Durch die zahlreichen Online-Veranstaltungen und auch die Vor-Ort-Kontakte in den Startup-Zentren wie dem Munich Urban Colab, in dem wir gerade für 6 Monate beheimatet waren, konnten wir ein gutes lokales Netzwerk aufbauen und von verschiedenen Coaching-Sessions profitieren. Mitte Februar ziehen wir ins WERK1 ein, darauf freue ich mich auch schon sehr. Bezahlbare Büroflächen zu finden ist als Startup gar nicht so einfach. Daher würde ich mir noch weitere günstige Startup-Büros wünschen – eventuell sogar nach thematischer Ausrichtung geclustert, um eine ideale Vernetzung zu ermöglichen.
Munich Startup: Welchen Gründer oder welche Gründerin würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?
Ulrike Jehle: Da gibt es gleich zwei. Katja Diehl von ‚She Drives Mobility‘ und Raul Krauthausen, Gründer der ‚Sozialhelden‘. Ich finde es bemerkenswert, mit wie viel Elan und mit welcher Ausstrahlung sich beide für wichtige Mobilitätsthemen einsetzen. Wenn sich die Gelegenheit ergeben würde, würde ich gerne über aktuelle fachliche Thematiken diskutieren, vorstellen was wir bei Plan4Better machen und fragen, ob sie/er sich ein gemeinsames Projekt mit uns vorstellen könnten – das wäre wirklich ein Traum.