Das Münchner HR-Startup Personio hat kürzlich eine 40 Millionen Dollar schwere Finanzierungsrunde abgeschlossen. Danach zog das Startup erstmal um, schließlich wächst die Mitarbeiterzahl noch schneller als bisher. Ein Interview mit Hanno Renner, CEO des prosperierenden Startups, über die Herausforderungen beim Wachsen, wie man Mitarbeiter zufrieden macht und was als nächstes bei Personio ansteht.
Hanno, wie hat sich der Spirit in der Firma in den letzten Monaten verändert? Und wie habt Ihr Personio umorganisiert?
Natürlich verändert sich ein Unternehmen, wenn es in einem Jahr von 100 auf 260 Mitarbeiter wächst — der Spirit und die grundsätzliche Kultur haben sich aber nicht verändert. Uns ist es wichtig, trotz wachsender Mitarbeiterzahl den sehr persönlichen Startup-Charakter beizubehalten, der zu einem offenen und kreativen Arbeitsumfeld beiträgt.
Entscheidend dafür ist es, die richtigen Leute an Bord zu holen. Dafür haben wir schon früh einen umfassenden Recruiting-Prozess implementiert, der unter anderem ein Value-Interview beinhaltet. Damit wird sichergestellt, dass die neuen Mitarbeiter unsere Unternehmenswerte teilen. Aber natürlich erfordert das starke Wachstum die Neustrukturierung, insbesondere großer Teams.
Hannos Rat: „Eine große Finanzierungsrunde nicht mit Erfolg verwechseln“
Welchen Rat gibst Du anderen Gründern mit auf den Weg, die gerade eine große Finanzierungsrunde hinter sich haben?
Wichtig ist es, eine große Finanzierungsrunde nicht mit Erfolg zu verwechseln. Sie ist ein wichtiger Meilenstein und ermöglicht es, auf eine große Vision hinzuarbeiten und dabei weiter schnell zu wachsen. Sie weckt aber natürlich auch neue Erwartungen, denen man gerecht werden muss. Man sollte daher weiterhin diszipliniert auf die Ausgaben achten und in Dinge investieren, welche direkt auf die Strategie einzahlen.
Ihr habt im April 2019 ein spanisches Startup übernommen. Was hat sich dadurch bei Euch verändert, abseits der Tatsache, dass Ihr nun ein Büro in Madrid mit 25 Mitarbeitern habt?
In erster Linie hat uns die Akquisition ermöglicht, unser Produktspektrum in Richtung Payroll zu erweitern und hier Innovation in diesen Bereich zu bringen. Da es ein wichtiger neuer Bereich war, mussten wir natürlich auch die Organisation entsprechend daran anpassen.
Zusätzlich bringt das Arbeiten in Remote-Teams natürlich Herausforderungen mit sich. So müssen wir sicherstellen, dass wir uns trotz der Distanz als ein Team verstehen und dieselben Werte teilen. Das ist insbesondere auch vor dem Hintergrund essentiell, dass wir das Madrider Büro mittelfristig deutlich vergrößern werden.
Einen Teil Eurer Finanzierung wolltet Ihr in die europäische Expansion stecken. Was tut sich da? Wie seid Ihr international aufgestellt und wie sind Eure weiteren Pläne bei der Internationalisierung?
Der Großteil unserer Kunden sitzt in der DACH-Region, doch wird Personio schon heute in 35 Ländern genutzt. Um unser internationales Geschäft auszubauen, sind wir gerade dabei, Teams für Spanien, UK, Skandinavien und Benelux aufzubauen. Dafür haben wir seit Kurzem einen ersten Kollegen in London sitzen, der als ‚Head of International‘ die Expansion von Personio vorantreiben wird. Sobald diese vier Märkte erfolgreich gelauncht sind, werden wir in weitere europäische Länder expandieren.
Die Münchner Lebensqualität macht Personio für Bewerber interessant
Bei unserem letzten Gespräch 2016 wart Ihr — ausgenommen der Ladenschlusszeiten — recht glücklich mit München als Startup-Standort. Ist das weiterhin so? Hat sich das aus Deiner Sicht in den letzten Jahren eher verbessert oder eher verschlechtert?
München hat sich für uns als Standort bewährt. Wir finden hier unheimlich viele qualifizierte Mitarbeiter. Die hohe Lebensqualität macht die Stadt und damit auch Personio als Arbeitgeber selbst für Bewerber aus anderen Teilen der Welt interessant. Nur bei den Münchner Mieten müssen die meisten ‚Zuagroasten‘ dann doch schlucken.
Ihr seid eines der Münchner Startups, das laut Kununu mit die höchste Mitarbeiterzufriedenheit in der Region hat. Was ist Euer Geheimtipp?
Wir nehmen uns Zeit, die richtigen Leute zu finden. Das kann schon auch mal bedeuten, eine freie Stelle über mehrere Monate unbesetzt zu lassen, wenn der passende Bewerber noch nicht dabei war. In der Zusammenarbeit ist uns außerdem eine offene Feedbackkultur sehr wichtig.
Was ist gerade das herausforderndste Thema bei Personio?
Die richtigen Mitarbeiter, vor allem im Engineering zu finden, um unser Produkt kontinuierlich weiterzuentwickeln, aber auch Kollegen für Senior-Management-Rollen, da es in Deutschland nicht viele Leute gibt, die schon einmal durch ähnliche Wachstumsphasen gegangen sind.
Wie hält Personio Mitarbeiter zufrieden?
Was ist Deiner Meinung nach der ausschlaggebende Faktor für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung?
Das richtige Recruiting sowie die Förderung von Mitarbeitern, um deren Zufriedenheit zu garantieren. Dazu tragen auch Sonderprojekte wie Hackathons und Taskforces bei, die es unseren Mitarbeitern erlauben, sich über ihre Rollenbeschreibung hinaus einzubringen.
Wo wollt Ihr in fünf Jahren stehen? Und wo in zehn?
In fünf Jahren wollen wir die führende HR-Plattform für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa sein. Für die Zeit danach haben wir bereits Pläne, aber jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf das Ziel der europäischen Marktführerschaft in unserem Segment.
Was liegt auf Deinem Schreibtisch aktuell ganz oben?
Um ein weiteres zügiges Wachstum zu sichern, liegen meine Schwerpunkte gerade auf dem Recruiting neuer Mitarbeiter und dem Aufbau eines internationalen Teams.
Wir Gründer werden nach wie vor stark in das Recruiting einbezogen. Jeder Kandidat führt im Rahmen seines Bewerbungsprozesses ein Gespräch mit mindestens einem der Gründer. Dieses Thema liegt aber natürlich nicht auf meinem Schreibtisch, sondern ist in Personio hinterlegt.