Nicht jedem Projektstarter geht die Berechnung der benötigten Fundingsumme leicht von der Hand. Kein Wunder, die Kostenstruktur einer Crowdfunding-Kampagne kann, abhängig vom Projekt und der Reichweite des Fundings, schnell sehr komplex werden. Die Gefahr, dass man die Zielsumme verfehlt oder versteckte Kosten bei der Kalkulation vergisst, ist groß. Der Crowdfunding-Kalkulator soll dabei Abhilfe verschaffen.
Tatsächlich kann eine falsche Kalkulation jeder noch so erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen das Genick brechen. Dabei ist mehr, nicht immer besser. Aktuell bekanntestes Beispiel ist wohl das Kickstarter-Projekt „The coolest Cooler“. Trotz einer zwei-stelligen Millionensumme an Funding, scheiterte das Projekt um die hippe Kühlbox. Die ursprüngliche Kalkulation der Projektkosten, laut Zielsumme ursprünglich nur 50.000 USD, war den realen Produktionskosten für die Gegenleistungen der über 62.000 Unterstützer nicht gewachsen.
Ein neues Tool will nun Crowdfundern helfen, die Kosten von Anfang an im Blick zu behalten. Mit dem Crowdfunding-Kalkulator sollen Projektstarter schon vor dem Start Gewinn oder Verlust einer Crowdfunding-Kampagne realistisch abschätzen können.
Entwickelt wurde der Kalkulator von Wissenschaftlern und Crowdfunding-Experten am Lehrstuhl für Electronic Commerce der Goethe Universität Frankfurt. Interessant ist, dass der Kalkulator die eigene Berechnung mit Zahlen aus realen Crowdfunding-Kampagnen vergleicht. So bekommen Projektstarter ein gutes Gefühl dafür, wie realistisch die eigene Zielsetzung tatsächlich ist.
Und so funktioniert der Kalkulator:
1. Crowdfunding-Plattform und Projekt-Kategorie auswählen
Um Vergleichszahlen zu bereits finanzierten Crowdfunding-Projekten generieren zu können, wählt jeder Projektstarter zu Beginn eine Plattform und Projekt-Kategorie aus, in der er sein Projekt starten möchte. Wählbar ist momentan leider nur die Plattform Kickstarter. Indiegogo und der deutsche Marktführer Startnext sollen in Kürze folgen. Nichtsdestotrotz sollte man die Möglichkeit nutzen, auch wenn die Kampagne letztlich auf einer anderen Plattform läuft. Die Vergleichszahlen sollten ähnlich sein.
2. Kampagnenziel und Rewards
Im nächsten Schritt werden Projektkosten und Kampagnenkosten, insbesondere die Kosten für die versprochenen Gegenleistungen, der Anzahl der zu erwartenden Unterstützer entgegengesetzt. Wie viele Unterstützer muss ich letztlich erreichen, um meine Kosten zu decken und das Projekt zu 100 Prozent zu finanzieren?
3. Versandkosten international und national
Darauf folgt die Abschätzung der Versandkosten. Wichtig ist hier die Überlegung, wo die meisten Unterstützer zu finden sind und wohin die Rewards geliefert werden müssen. Die Frage, ob Inland oder Ausland kann hier einen großen Unterschied machen.
4. Fixe und variable Kampagnenkosten
Welche Kosten fallen generell für die Kampagne an und müssen auch getragen werden, wenn das Funding nicht erfolgreich ist (z.B. Kampagnen-Video, Werbematerial, etc.)? Und welche Provision verlangen Plattform und Zahlungsdienstleister, wenn das Funding-Ziel erreicht wurde?
5. Entwicklungs- und Produktionskosten
Welche Fixkosten verursacht die Produktion der versprochenen Rewards und wie sehen die variablen Kosten pro Stück aus?
6. Versand- und Verpackungskosten
Wie hoch sind die fixen Versandkosten (z.B. die Service-Pauschale für den Dienstleister) und was kostet das Verpacken und Versenden des einzelnen Gegenleistungen?
7. Retouren und Verzögerungen
Für den Fall, dass versendete Gegenleistungen nicht zugestellt werden können oder wegen Mängel erneut produziert werden müssen, berechnet der Kalkulator auch diese Kosten je nach Dauer der Verzögerung und Zahl der Unterstützer. Gerade dieser Punkt ist nicht zu unterschätzen. Tatsächlich dauert die Fertigstellung der versprochenen Rewards häufig länger, so dass für den Projektstarter zusätzlicher administrativer Aufwand entsteht, der Zeit und auch bares Geld kosten kann.
8. Erfolgs-Wahrscheinlichkeiten
Projektstarter sollten sich bei ihrer Kalkulation als auch Gedanken darüber machen, wie hoch die Erfolgschancen der Crowdfunding-Kampagne tatsächlich sind und mit welcher Wahrscheinlichkeit es im Nachhinein zu Verzögerung in der Projektumsetzung (z.B. bei Entwicklung und Produktion der Gegenleistungen) kommen kann und wie viel eine solche Verzögerung kostet.
Das Ergebnis: Auf Basis der eingegebenen Daten spuckt das System schließlich die Gesamtkalkulation mit dem zu erwartenden Gewinn bzw. Verlust aus und erläutert neben den reinen Rechenbeispielen auch die möglichen Szenarien mit den jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeiten. Je nach Ausgang der Crowdfunding-Kampagne werden die damit verbundenen Kosten für den Projektstarter berechnet. Zusätzlich werden einige Durchschnittswerte von realen Crowdfunding-Projekten aus der eigenen Kategorie zum Vergleich mit den eigenen Annahmen geliefert.
Fazit: Insgesamt ist der Crowdfunding-Kalkulator ein gutes Hilfsmittel für Crowdfunding-Anfänger, um nicht in die Kostenfalle zu tappen. Auch wenn der Kalkulator keine endgültige Gewähr für ein erfolgreich finanziertes Projekt liefert, ist am Ende jedes gut kalkulierte Projekt per se schon ein Gewinn.